Im vorangegangenen Teil 1 dieser Reihe ging es schon ansatzweise um einige große Herausforderungen dieser spannenden Branche und nun um eine Vertiefung des Themas Kommunikation mit Fokus auf die externe Kommunikation inklusive „Corporate Communication“ (CorpCom) und „Marketing Communication“ (MarCom).
„One Way“ Kommunikation
Sie werden sich als Marktteilnehmer – sei es anbieter- oder abnehmerseitig – sicherlich dafür gleich mehr oder weniger interessiert und eine Meinung gebildet haben, oder noch bilden. In jedem Fall werden Verhaltensweisen beeinflusst und das ist elementarer Teil einer gewählten Kommunikationsstrategie mit einer klaren Zielsetzung. Zugegebenermaßen ist das einseitig gerichtete Kommunikation, d.h. vom Anbieter zum Verbraucher, sei es als CorpCom oder MarCom, aber es bleibt spannend welche Veränderungen dadurch ausgelöst werden.
Interaktive, inkludierende Kommunikationsstrategien
vernetzen die Marktteilnehmer. Ein namhafter Hersteller von Whisky gründete Ende der 90er Jahre eine Art Komitee von interessierten Verbrauchern, das inzwischen nach eigenen Angaben weltweit 120.000 Mitglieder hat, mit weiter steigender Tendenz. Neben der gemeinsamen Zelebrierung der Produkte des Unternehmens genießen die Mitglieder exklusive Möglichkeiten für tiefe Einblicke in die Produktion, Produkttests bis hin zur Mitsprache bei der Auswahl neuer Produkte. OK! Das liest sich etwas als sehr speziell oder „kultig“, aber dem Unternehmen bringt das nach wie vor Marktnähe und eine Kundenbindung bis hin zum Fan-Tum oder gar „Markenbotschafter-Tum“. … beachtlich für eine Branche, die eher spät MarCom für sich nutzen gelernt hat!
Der Kreativität für gänzlich neue Möglichkeiten der Interaktion sind damit noch keine Grenzen gesetzt. Im Gegenteil! Führungskräfte können in funktionsübergreifenden Teams mit Neugier für einen offenen Dialog, Mut für Experimente, Akzeptanz von Rückschlägen zu erfolgreichen Innovationen oder sogar marktdominierenden Strategien in der Kommunikation kommen. In einem dynamisch gewichteten Kommunikationsmix bietet die Digitalisierung zusammen mit (noch) funktionierenden analogen Methoden ein unglaublich hohes Erfolgspotenzial.
Corporate Communication in Krisenzeiten
gilt allgemein als die Königsdisziplin des Managements. Am Kieler Institut für Krisenforschung werden seit 1984 öffentlich gewordene Krisenfälle systematisch erfasst. „In den gut zwanzig Jahren seit Erhebungsbeginn ist der Anteil operativer Krisenfälle an allen Ereignissen im Agrar- und Ernährungsbereich kontinuierlich gesunken. Demgegenüber hat sich im gleichen Zeitraum der Anteil kommunikativer Krisenfälle mehr als verdoppelt. …
Hinzu kommt, dass im Zeitalter des Internets Krisenkommunikation stets Kommunikation in Echtzeit ist. Betriebe aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft gehen daher mehr und mehr dazu über, sich – zusätzlich zu Ad-hoc-Krisen – auch auf so genannte „schleichende Krisen“ vorzubereiten. …. Im Branchenvergleich hinkt die Agrar- und Ernährungswirtschaft in Sachen „Kommunikationsqualität“ aber immer noch etwas hinterher. … Einerseits sind die Veredelungsprozesse …recht komplex und die begleitenden Qualitätskontrollen außerordentlich umfangreich.
Andererseits wird den Verbrauchern in der Werbung immer noch (z.B.) das Bild von glücklichen Kühen auf grünen Wiesen vermittelt, die weder Futtermittel benötigen, noch einen Schlachthof zu sehen bekommen. In Krisenzeiten muss dann zunächst mit unverhältnismäßig hohem Kommunikationsaufwand das Routinegeschäft erklärt werden, bevor die eigentlichen Kriseninformationen folgen können. Das geht zwangsläufig zu Lasten der Qualität der Krisenkommunikation im Agrar- und Ernährungsbereich.
Krisenmanagement gilt mithin nicht als Königs-, sondern als Kaiserdisziplin der Unternehmensführung. Mitarbeiter, Kunden und Marktpartner, aber auch Behördenvertreter und Investoren erwarten im Krisenfall völlig zu Recht, dass sich die Unternehmensleitung persönlich zu Wort meldet – und nicht eine externe PR-Agentur. Gleichwohl werden gerade (z.B.) endkundennahe Fleischverarbeitungsbetriebe im Krisenfall nicht selten von der Vielzahl an Anfragen Dritter überrollt. Deren zeitnahe Beantwortung können die Mitarbeiter des Unternehmens allein meist nicht mehr gewährleisten – zumal auch das Routinegeschäft weitergehen muss. Hier ist externe Hilfe durchaus angebracht.“ (Quelle: Frank Roselieb, Leiter des Krisennavigator – Institut für Krisenforschung in Kiel in Krisennavigator 23. Jahrgang (2020) – Ausgabe 9 (September)
Ist Kommunikation schon gut, wenn man sie tut?
Es ist vielmehr die Frage, ob man das Richtige tut oder etwas richtig tut. Und beides ist gleich richtig und wichtig. Kommunikation wird zum Erfolgsfaktor „necessarium“.
Die Lebensmittelzeitung: „Vom POS bis Social Media, von Nachhaltigkeits-kampagnen bis Krisenbewältigung – gute Kommunikation ist eine Mammutaufgabe. Heute mehr denn je ist die Foodbranche gefordert, möglichst klar und transparent über ihre Ziele, Produkte und Performance zu informieren. Nicht zuletzt schauen Kunden und Jobbewerber genauer hin und achten verstärkt auf Haltung und Authentizität.“
Beratend in Konzeption und Exekution, ob vorsorgend oder reaktiv, ist der Einsatz externer Kommunikationsspezialisten, die mit Erfahrungswissen und Perspektivenbreite ressourcenerweiternd genutzt werden können, sinnvoll und empfehlenswert. Dies jedoch nicht als Ersatz für die unternehmenseigene (in-house) Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft.
„On Top“ der speziellen fachlichen Anforderungen der Lebensmittelindustrie bringen geeignete Fach- und Führungskräfte diese Fähigkeiten mit, und entwickeln sich und das Unternehmen in der kommunikativen Performance weiter. Es ist guter Rat, diesen Fähigkeiten bei der Meinungsbildung über den richtigen „Fit“ von Arbeitgeber und Kandidat (m/w/d) einen hohen Stellenwert einzuräumen.
Ausblick auf Teil 3: Digitalisierung in der Lebensmittelindustrie
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