Brennstoffzellen als Bestandteil zukünftiger Mobilität sind nicht erst seit der jüngsten Verknappung von fossilen Energieträgern ein spannendes Thema. Im regen Austausch mit meinem früheren Kollegen, Herrn Prof. Dr. Christian Mohrdieck sprach ich u.a. über die besonderen Herausforderungen im Personalbereich, die bei dieser modernen Technologie und bei den Unternehmen bestehen, die im Bereich Brennstoffzelle forschen, entwickeln, produzieren und vermarkten.

Prof. Dr. Christian Mohrdieck ist Chief Commercial Officer der cellcentric GmbH & Co. KG, dem 50:50 Brennstoffzellen-Joint Venture von Daimler Truck und der Volvo Group. Bereits seit 2015 war er CEO der Mercedes-Benz Fuel Cell GmbH, die im Juni 2020 zuerst in die Daimler Truck Fuel Cell GmbH & Co. KG und dann im März 2021 in die cellcentric GmbH & Co. KG überführt wurde.

Herr Dr. Mohrdieck, wo stehen wir heute mit der Brennstoffzelle?
Wir als cellcentric entwickeln, produzieren und vermarkten Brennstoffzellen für den gewerblichen Einsatz, für schwere Nutzfahrzeuge sowie für andere Anwendungen mit vergleichbaren Anforderungen. Für die Mobilität sehen wir die Brennstoffzelle als eine Zukunfts-Technologie, die vor allem im Schwerlastfernverkehr eingesetzt wird. Dort, wo reine Batteriefahrzeuge nicht zum Einsatz kommen können, bspw. im Fernverkehr, werden wir die Brennstoffzelle im Technologiemix sehen. Wir werden mit der Brennstoffzelle Reichweiten von 800 bis 1000 km darstellen können, ggf. auch in hybriden Lösungen zusammen mit Batterietechnologien.

Wie wird das Eco-System der Brennstoffzelle aussehen?
Das Eco-System ist flächig aufzubauen. Als Hersteller sind wir auf die Brennstoffzellen-Entwicklung und die Fertigung fokussiert. Die Rahmenbedingungen, was Tankstellennetz oder auch die Wartung der Brennstoffzelle betrifft, ist die Aufgabe der Energieversorger und Tankstellenbetreiber in Abstimmung mit den OEMs. Neben den OEM gibt es aktuell Aktivitäten der großen Mineralölkonzerne, die sich auf die Anforderungen der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Antriebe vorbereiten.
Ebenso sehen verstärkt Automobilzulieferer und der Maschinenbau neue Betätigungsfelder auf dem Gebiet der Brennstoffzelle.

Kommen wir zum Personal. Welche Anforderungen haben Sie, als die Hersteller der Brennstoffzelle an die Qualifikation der Mitarbeitenden?
Auch bei der Brennstoffzelle sehen wir den „war for talents“. Das zentrale Element der Brennstoffzelle ist der sog. Stack. Die Fertigung des Stacks wird hochautomatisiert erfolgen, der Fertigungsprozess erfordert chemisches Verfahrenstechnik-Know-how, elektrochemische, elektrotechnische und Hochvolttechnologiekenntnisse. Wir brauchen eine ähnliche Expertise, die auch für die Batterietechnologie benötigt wird Daher stehen wir in einem gewissen Wettbewerb mit den Batterieherstellern um die gleichen Experten.
Wir haben festgestellt, dass die Montage des Brennstoffzellenaggregats als solches sehr ähnlich der Montage eines Verbrennungsaggregates ist. Durch Weiterbildung der derzeitigen Beschäftigten in der Motorenproduktion sollten wir in der Lage sein, auch Brennstoffzellenaggregate zu fertigen.

Welche Ausbildung wird benötigt und gibt es ausreichend Experten? Wo kommen die Experten her?

Automotive Engineering

Wir stehen als Brennstoffzellenproduzent im Wettbewerb zu den OEMs sowie den großen Zulieferern. Batterie, Brennstoffzelle, Hybrid, alle brauchen Elektrotechniker, Verfahrenstechniker mit einem chemischen Hintergrund sowie Hochvolttechniker.
Wir arbeiten mit nationalen und internationalen Universitäten sowie Instituten zusammen. Wir vergeben Praktikumseinsätze, Master- wie Doktorarbeiten und wollen so Studierende für uns gewinnen. Zudem veranstalten wir einmal im Jahr beispielsweise einen sog. Girls‘ Day, der dieses Jahr am 28. April stattfinden wird. Hier haben Mädchen ab der siebten Klasse die Möglichkeit einen Tag bei cellcentric in technische Berufe reinzuschnuppern. Unsere Zukunft sind „Diverse Teams“, die nachweislich bessere Ergebnisse liefern.

Was ist zu tun, damit Deutschland im Wettbewerb bestehen kann? Wie sehen sie die Zukunft bei den Ingenieuren?
Insgesamt gibt es bei den MINT-Berufen zwischenzeitlich ein Defizit an Studierenden, wir müssen viel mehr in diesem Bereich ausbilden. Wir brauchen vor allem mehr Studenten in den MINT Fächern, wobei wir im Moment leider eher einen gegenteiligen Trend sehen. Hier müssen frühzeitig, bereits in den Schulen, Jugendliche für die MINT-Fächer begeistert werden.
In unseren Personalkonzepten müssen wir aber auch insgesamt flexibler werden. Aktuell sind wir in den Karrierewegen noch zu stark auf „Führung“ fokussiert. Um im Wettbewerb auch in der Zukunft bestehen zu können müssen wir aber auch mehr Fachkarrieren ermöglichen, d.h. dass man auch über eine tiefgehende Fachexpertise selbst ohne Führungsverantwortung in der Lage ist, in eine höhere Einkommenskategorie zu kommen. Wir müssen den hochqualifizierten Fachkräften solche Karrierepfade anbieten.

Danke Herr Dr. Mohrdieck für die interessanten Einblicke in eine Branche und eine Technologie, die ein Schlüsselelement der De-Carbonisierung der Mobilität sein wird. Ich wünsche cellcentric und der Brennstoffzelle einen großen Erfolg für eine nachhaltige Welt.

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